Schriften zur Rettung des öffentlichen Diskurses, Band 3
Aktuell die Corona-Pandemie, davor die Klimakatastrophe und die Migrationskrise - die öffentliche Diskussion polarisiert sich, sie wird schriller und der Umgangston wird rauer, ja oftmals sogar unerträglich. Auf der Strecke bleibt nicht die Streitlust, wohl aber...
Vorwort 11
Stephan Russ-Mohl Zur Einführung: Streitlust und Diskurskultur vor und nach Corona 13 I. Ö entliche Kommunikation in der Krise 13
Ulrike Klinger Diskurskiller Digitalisierung? Warum das Internet nicht an allem schuld, aber trotzdem ein Problem ist 48 Christian P. Hoffmann Techlash: Digitale Plattformen zwischen Utopie und Dystopie 66
Georg Franck Reflexion in einer medialen Öffentlichkeit. Nur noch eine Illusion im mentalen Kapitalismus? 92
Bernhard Pörksen Journalismuskrise und Diskursverschiebung in Zeiten der Medienrevolution 120
Ulf Poschardt Abgemeldete Mündigkeit und Freiheit. Warum wir eine neue Diskurs-Kultur brauchen 136
Peter Seele Vom Biohof zur Animal Farm? Ein Gedankenexperiment über totalitäre Nachhaltigkeit und weshalb Grundwerte auch in Zeiten des Notstands zu achten sind 147
II. Diskursvarianten und Diskursde zite in der Aufmerksamkeitsökonomie – Beispiele
Axel Bojanowski Das Ende der Klimadebatte 170
Hans Mathias Kepplinger Systemversagen an der Grenze von Wissenschaft, Journalismus und Politik 183
Michael Haller Corona und die Flüchtlingskrise – über die Anstrengung, Wert- und Vorurteile beiseite zu schieben 196
Sandra Kostner Identitätslinke und identitätsrechte Sichtweisen zum Migrations- und Islamdiskurs. Ergänzungen zum Beitrag von Michael Haller 234
Tanjev Schultz In der Aufmerksamkeitsfalle. Über den medialen Umgang mit Rechtspopulisten und Rechtsextremisten 250
Klaus Schroeder / Monika Deutz-Schroeder Linksextremismus: Medial verdrängt und verharmlost 278
III. Vernachlässigte (Meta-)Diskurse
Markus Spillmann Der Schutzwall bröckelt. Warum wir den Journalismus wieder als gesellschaftlichen Wert verankern sollten 286
Annika Sehl Öffentlich-rechtlicher Rundfunk – überholt oder wichtiger denn je? 303
Mark Eisenegger Medienforschung als Diskurs-Stimulanz. Das Jahrbuch Qualität der Medien Schweiz 318
Senja Post Einmütig in Krisenzeiten. Konformitätsdruck durch Gewissheitsstreben 331
Gary S. Schaal Hybride Diskurs-Beein ussung. Angriffe auf die demokratische Öffentlichkeit durch ausländische Propaganda 343
Gemma Pörzgen Die Fata Morgana vom ›Hybriden Krieg‹ 367
Gary S. Schaal Die Fata Morgana des Diskurses. Rejoinder zu Gemma Pörzgen 373
IV. Auslands-Diskurse und Auslandsberichterstattung in deutschsprachigen Medien
Petra Reski Politik zwischen Pop, Populismus und Ma a. Anmerkungen zur Italien-Berichterstattung 380
Susanne Knaul Seltsame Allianzen, übliche Verdächtige. Israel-Berichterstattung und -Diskurs in Zeiten wiederau ebenden Antisemitismus 398
Christoph Bultmann Türkei-Korrespondenz – im Netz des ›Sultans‹? Der Putsch gegen Erdoğan und das Gülen-Narrativ 417
V. Diskursverengung in einer überkomplexen Welt – trotz vielfältiger Kanäle
Hans Ulrich Gumbrecht Diskurs(liebes)töter. Blinde Flecken im Intellektuellen-Selbstbild – eine Textcollage 439
Stephan Russ-Mohl Diskurs-Belebung. Tipps für jedermann und jedefrau, für Journalisten und für Wissenschaftler 449
Autorinnen und Autoren 464
Herausgeber 471
Schriften zur Rettung des öffentlichen Diskurses, Band 3
Aktuell die Corona-Pandemie, davor die Klimakatastrophe und die Migrationskrise - die öffentliche Diskussion polarisiert sich, sie wird schriller und der Umgangston wird rauer, ja oftmals sogar unerträglich. Auf der Strecke bleibt nicht die Streitlust, wohl aber die Streitkunst und auch der gesellschaftliche Diskurs. Aber sie sind es, die in der Tradition der Aufklärung die Suche nach tragfähigen Kompromissen und Lösungen für gesellschaftliche Probleme erst ermöglichen.
Im vorliegenden Band beschreiben Expertinnen und Experten am Beispiel verschiedener Themenfelder, ob und inwieweit die Aufmerksamkeitsökonomie, welche durch die Digitalisierung noch wirkmächtiger geworden ist, ein regelrechtes Diskursversagen ausgelöst hat. Welche Schäden entstehen dadurch dem Gemeinwesen und der Demokratie? Und was müssen wir tun, um zivilgesellschaftliche Streitkultur zurückzugewinnen und damit das Ringen um Problemlösungen wieder zu ermöglichen?
Die Autoren analysieren Themen, die in jüngerer Zeit viel öffentliche Aufmerksamkeit absorbiert haben. Ferner beschäftigen sie sich mit dem von den Redaktionen eher vernachlässigten Meta-Diskurs über die Medien und den Journalismus selbst sowie mit dessen Beeinflussung durch Propaganda. Der Journalismus ist durch seine fortschreitende Unterfinanzierung, aber auch durch teilweise selbstverschuldete Glaubwürdigkeitsverluste in Not geraten. Weitere Abschnitte widmen sich den Unzulänglichkeiten der Auslandsberichterstattung sowie der Rolle der Intellektuellen in unserer Streitkultur.
Stephan Russ-Mohl ist emeritierter Professor für Journalistik und Medienmanagement an der Università della Svizzera italiana in Lugano/Schweiz, wo er von 2002 bis 2018 lehrte, und Gründer des European Journalism Observatory. Von 1985 bis 2001 war er Publizistik-Professor an der FU Berlin. Er studierte Sozial- und Verwaltungswissenschaften an den Universitäten München, Konstanz und Princeton. Der Autor hat zeitweise auch in den USA und in Italien gelebt und mehrfach, zuletzt im Sommer 2015, Forschungsaufenthalte an der Stanford University in Kalifornien verbracht. Über Medien und Journalismus schreibt er regelmäßig für die Neue Zürcher Zeitung sowie als Kolumnist für den Tagesspiegel und für Branchenpublikationen.